2. Sinfoniekonzert am 03.03.2018

Bewegend einträchtige Friedensgebete

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In den Kieler Nachrichten am Montag, dem 05.03.2018

Das hätte dem passionierten Weltumarmer Leonard Bernstein gefallen: Mehr als 150 junge norddeutsche Menschen surften spürbar begeistert durch seine "Chichester Psalms". Im Kieler Schloss schlugen die Wogen der Begeisterung für die Ausführenden vom Ernst-Barlach-Gymnasium deshalb hoch.

Kiel. Die sakralpoetische Chorsinfonik aus den 60ern nahm im heilsgewiss aufgeregt groovenden Gemurmel genauso für sich ein wie in der schwärmerisch ausholenden Glaubensekstase des weihevollen Evergreen-Finales.

Der Dirigent Alexander Mottok konnte unter der Überschrift „Shalom“ auf seine himmlischen Heerscharen vom Kieler Ernst-Barlach-Gymnasium zählen. Der Chor, einstudiert von Wulf-Henning Steffen, schmiegte sich grazil und elastisch ans Orchester. Brigitte Taubitz hatte solistische Vokalaufgaben geschickt verteilt und geprobt. Und der königliche Hirte David war sogar aus eigener EBG-Kraft mit einer hinreißend freischwebenden Knabenstimme besetzt: Nikolaj Stöbel. Da waren Beifallsstürme und Bravo-Rufe im bestens besuchten Schloss-Parkett wahrlich angemessen.

Zu Bernsteins oft präsentem Spieltrieb-„Klingklong“ passte das "Glasperlenspiel" vom Filmmusikkomponisten Benedikt Brydern bestens. Es machte großen Spaß, dem Doppelkonzert mit seinen pulsierenden Minimal-Music-Bausteinen zuzuhören. Zumal die 18-jährigen Solo-Geigerinnen Tirza Bluhm und Friederike Trost es nicht nur blitzsauber glitzern ließen, sondern auch sichtlich und hörbar mit positiver Energie aufluden.

Drumherum und zwischendrin hatte Mottok Romantisches mit Bezügen zu jüdischer Kultur programmiert. Der 17-jährige Cellist Konrad Schilling glänzte als kitschfreier Anwalt von Max Bruchs unendlicher "Kol Nidrei"-Melodie. Mendelssohns herrliche Choralkantate "Verleih uns Frieden" rundete das Ganze ab.

Von Christian Strehk            

 

Shalom zu Lennys 100. Geburtstag

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In den Kieler Nachrichten am Dienstag, dem 27.02.2018

„Das kriegt nicht jeder Chor so hin“, lobt Alexander Mottok die himmlisch verschwebende a-cappella-Passage kurz vor Ende der Chichester Psalms von Leonard Bernstein. Der Dirigent probt das Werk auf hebräische Psalmtexte mit Chor und Orchester am Ernst-Barlach-Gymnasium Kiel.

Kiel. Mottok kennt sich in dem chorsinfonischen 20-Minuten-Meisterwerk schlafwandlerisch gut aus, weil er es „als junger Kerl“ auswendig in einem ambitionierten Schulchor in den US-amerikanischen Appalachen selber gesungen, später als Konzertmeister oft gespielt und bereits mehrfach einstudiert hat.

Damit das Vokale gegen Schlagwerk und andere Instrumente eine Chance bekommt, versucht Mottok, das Orchester zu zähmen und alle Ohren auf die Soli und Chorstimmen auszurichten. Das gewünschte Verschmelzen der Ebenen ist doppelt schwierig, wenn man gleichzeitig Bernsteins ungewöhnlichen Zehn-Viertel-Takt in Gang halten muss. „Er schreibt in der Partitur ganz genau, wie man das zu dirigieren hat – und hält sich, wie Video-Aufnahmen zeigen, dann selber nicht daran“, amüsiert sich der Ensembleleiter. Begeistert ist er, wie geschmeidig die Jugendlichen in Projensdorf von einem „amerikanischen Lächeln“ (Bernstein) zu einem „Berliner Lächeln“ (Mendelssohn) umschalten.

Unter dem Motto „Shalom“ (hebräisch für „Frieden“) hat das Musikzweig-Gymnasium für das Konzert am Sonnabend ein Programm geplant, das solche Komponisten mit jüdischen Wurzeln in Beziehung setzt. „Bei Max Bruch fehlt diese Grundlage. Aber er komponiert mit Kol Nidrei ein jüdisches Thema“, so Mottok. Als Ergänzung erklingt das Glasperlenspiel des Amerikaners Benedikt Brydern. Es bietet Tirza Bluhm und Friederike Trost Gelegenheit, ihre beiden Violin-Parts im orchestralen Filmmusik-Gewebe auf- und abtauchen zu lassen. Der Komponist möchte in der Generalprobe per Skype-Übertragung live aus Kiels neuer Partnerstadt San Francisco zugeschaltet werden.

Von Christian Strehk